Kommunistische Diskussionsbeiträge zu #FridaysForFuture

Anbei wird es einen Einblick geben, wie Kommunistinnen und Kommunisten der DKP die derzeitige Situation der Bewegung „Fridays for Future“ einschätzen und sich eine Position erarbeiten. Als erstes wird ein Auszug vom Bericht der Parteivorstandssitzung veröffentlicht, der in der UZ (Unsere Zeit) vom 21.06.2019 erschien. Es folgen chronologisch Leserbriefe die sich einerseits auf den Text, andererseits auf die jeweils vorherigen Leserbriefe beziehen. Reaktionen und Diskussionsbeiträge sind willkommen!

UZ vom 21.06.2019
„Ein nützliches Alarmzeichen – DKP-Parteivorstand wertet EU-Wahlen aus und bereitet Parteitag vor
(…) In der Diskussion zeigten sich unterschiedliche Einschätzungen zur Umweltpolitik. Björn Schmidt und Männe Grüß stellten die Bewegung „Fridays for Future“ (FFF) als Ergebnis eines „Klima-Hypes“ dar, als eine von den Grünen „gesteuerte und unterwanderte Kampagne“. Die Regierung werde vermutlich eine CO2-Steuer einführen und damit die Werktätigen belasten. Indem FFF genau das fordert, unterstütze sie die Regierungspolitik und vertrete eine „Verzichtsideologie“. Dem widersprach Hans-Peter Brenner, stellvertretender Vorsitzender der DKP: Der „Klima-Hype“ sei nur ein „Nebenaspekt“ angesichts der tatsächlich vorhandenen ökologischen Krise. Renate Koppe beschrieb Erfahrungen mit FFF: Zwar sei die Bewegung bundesweit „stark an den Grünen orientiert“, in Bonn gebe es aber zum Beispiel „viele antikapitalistische Kräfte“, mit denen sich die Zusammenarbeit lohne. Köbele erinnerte daran, dass die verschiedenen bürgerlichen Kräfte bei jeder Bewegung versuchen, sie in ihrem Sinne zu steuern. „Aber wenn Menschen in Bewegung kommen, und wir sehen, das ist gesteuert, dann heißt das für uns nicht: Dann lassen wir sie gesteuert laufen.“ (…)“

UZ vom 12.07.2019
Leserbrief von Vera und Uwe Merz, Henning Dittmer, Nils Hansen; Hamburg
„„Bürgerlich unterwandert“?
Aufmerksam haben wir den Bericht von der Parteivorstandstagung gelesen. Während die Einschätzung Patriks zur EU-Wahl sicherlich richtig ist, sind wir mit einigen Schlussfolgerungen anderer Mitglieder des Parteivorstands nicht einverstanden: Sicherlich, in knapp 30 Minuten kann keine umfassende Einschätzung des EU-Wahlkampfes vorgenommen werden; kann nicht abschließend beurteilt werden, ob wir mit unserem Wahlantritt unsere Teilziele erreichen konnten, möglichst viele Stimmen zu gewinnen, die Partei zu mobilisieren, den Charakter der EU zu verdeutlichen und den systemkritischen Menschen eine Wahlalternative anzubieten. Darum rückt das wenige Wiedergegebene in den Mittelpunkt der Berichterstattung, die Aussagen von Björn und Männe zu den „Fridays For Future“-Demonstrationen. Die Einschätzung zu der Bewegung „Fridays For Future“ teilen wir nicht. Natürlich handelt es sich mehrheitlich um eine bürgerliche Bewegung, die momentan den Grünen sehr zugetan ist. Dieser Umstand ist aber nicht zuletzt der Schwäche jener geschuldet, die den Kapitalismus als Klimakiller benennen, aber ihre Argumente in der Bewegung nicht ausreichend unterbringen können. Dies gilt es unserer Meinung nach zu befördern, statt die antikapitalistischen Kräfte dort zu ignorieren. Nebenbei: Die Sorgen tausender in Bewegung geratener Jugendlicher als Hype zu disqualifizieren kann nicht die Herangehensweise einer kommunistischen Partei an Bewegungen sein, auch dann nicht, wenn innerhalb des Systems nach Auswegen gesucht wird. Die Auffassung, dass unsere Wahlkampfaktivitäten nicht genug Abstand vom „grünen Mainstream“ gehabt hätten, lässt uns daran zweifeln, ob alle Parteivorstandsmitglieder die Verfasstheit unserer Grundorganisationen kennen. Wir hatten zum Beispiel genug damit zu tun, den (politisch linksstehenden) Menschen zu verdeutlichen, dass ein Nein zur EU kein nationalistisches sein muss und die angebliche Friedensmacht keine ist. Fast noch schwerer wiegt, dass mit der Argumentation auch unsere Arbeit in den Gremien der Gewerkschaften, in den Friedensinitiativen, der antifaschistischen Bewegung und diversen Bündnissen in unseren Wohngebieten auf den Prüfstand gehört; schließlich sind die ja alle „bürgerlich unterwandert“. Im Hinblick auf die notwendige Verankerung in Bewegungen wäre ein solches Signal verheerend, auch in die Partei hinein wird so die gute und intensive, jahrelange Arbeit von Genossinnen und Genossen diskreditiert.“

UZ vom 09.08.2019
Leserbrief von Johannes Magel
„FFF – Wem nutzt es?
Die Überschrift unterstellt, die Genossen Grüß und Schmidt hätten ihre Skepsis gegenüber „Fridays for Future“ damit begründet, diese Bewegung sei bürgerlich unterwandert. Der UZ-Bericht, auf den Bezug genommen wird, enthält davon jedoch kein Wort. Zur Bewegung „Fridays for Future“ können wir festhalten, dass das führende Personal in Deutschland fest mit der grünen Partei verbunden ist. Einer Partei, die für Kriegsbeteiligung und Sozialabbau steht. „Fridays for Future“ ist zudem ein Instrument, um die soziale Spaltung in der Gesellschaft zu vertiefen: Generationenkampf statt Klassenkampf. „Jung gegen Alt!“; „Die Alten sind Schuld am drohenden Weltuntergang, am besten sollte man ihnen das Wahlrecht entziehen!“ sind gängige Stereotypen. Wer es nicht glaubt, kann es in der „taz“ nachlesen. „Fridays for Future“ propagiert eine Verzichtsideologie, die sich gegen die sozialen Interessen der Arbeiterklasse und der Mittelschichten richtet und diese potentiell wehrlos machen soll. Die schrille „Fridays for Future“-Agitation vom „Klimanotstand“ fördert die Bereitschaft, autoritäre staatliche Notstandsmaßnahmen widerstandslos hinzunehmen. „Fridays for Future“ trägt dazu bei, weitere Massenbelastungen schnell auf den Weg zu bringen, beginnend mit der CO2-Steuer; und die steuerfinanzierte Modernisierung der deutschen Automobilkonzerne als ökologische Wohltat erscheinen zu lassen und eine kritische gesellschaftliche Diskussion darüber zu verhindern. Wieviele „Blumentöpfe“ sozialer, politischer und ideologischer Art die Arbeiterklasse mit bzw. in dieser Bewegung gewinnen kann, lasse ich mir gern erklären.“

UZ vom 16.08.2019
Ungekürzte Version des Leserbrief von Raimund Ernst
„Dialog und Aktion
Wenn es denn einen „Blumentopf“ gäbe, der bei politischer Einmischung zu gewinnen wäre, dann wäre dieser J. Magel spätestens bei der Abfassung seines Leserbriefs auf den Kopf gefallen. Aber auch ohne dieses mögliche Malheur zeigt seine Einlassung, dass seine politische Urteilskraft schon vorher offensichtlich erheblichen Schaden genommen hat. Über die Bewegung „Fridays for future“ lässt sich trefflich streiten. Aber Meinungsstreit ist etwas anderes als leichtfertige und oberflächliche Etikettierungen, von denen der Leserbrief nur so wimmelt. Es beginnt bei der selbstherrlichen Feststellung „wir können festhalten“. Wer verbirgt sich hinter diesem „wir“? Alle Kommunisten, gar alle Marxisten? Oder nur alle diejenigen, die seiner „exklusiven“ Meinung sind? Die Bewegung soll ein „Instrument sein, um die soziale Spaltung in der Gesellschaft zu vertiefen“ und eine „Verzichtsideologie“ gegenüber der Arbeiterklasse und den Mittelschichten zu „propagieren“? Ja, geht es denn noch! Und wenn als Beweis für diesen hanebüchenen Unsinn auf die Lektüre der „taz“ verwiesen wird, dann war es nach meiner Auffassung eben immer ein grundlegender Vorzug der „UZ“, das Entstehen sozialer Bewegungen aus den gesellschaftlichen Widersprüchen der kapitalistischen Gesellschaft zu erklären und daraus eine Strategie für die politische Einflussnahme von Kommunisten auf solche Bewegungen abzuleiten. Und sich dort einzumischen, wo so viele und zumal junge Menschen in Bewegung gekommen sind und sich mit Themen auseinandersetzen, die für uns Kommunisten nicht nur Herausforderung zum Dialog, sondern auch zur gemeinsamen Aktion sind, bleibt doch wohl unstrittig! Aber um als Partner in diesen Bewegungen anerkannt zu werden, bedarf es Respekt und Achtung vor denen, die ihre Interessen zur eigen Sache machen und auf die Straße tragen. Mitmachen ist angesagt, unterbleiben sollten um der eigenen Glaubwürdigkeit willen Kommentare wie der von J. Magel.“

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