Die Notwendigkeit von klassenbewussten Antifaschismus am Beispiel Pegida/MVgida

Im folgenden dokumentieren wir das Referat von Robert Kühne, zu erst gehalten auf der Landesmitgliederversammlung im Februar 2015 in Rostock.

Unser Verständnis vom Faschismus
Für uns Kommunist_Innen ist Antifaschismus ein fundamentaler Bestandteil unserer Politik. Doch nicht erst seit 1933 ist der Antifaschismus für uns wichtiger Bestandteil kommunistischer Politik, auch wenn wir Kommunist_Innen den höchsten Blutzoll im Widerstand zu zahlen hatten und keine andere politische Gruppe so verfolgt, gefoltert und gelitten hat wie unsere Genoss_Innen, von den 1933 organisierten fast 300.000 Kommunisten wurden in der Zeit des Hitlerfaschismus fast 150.000 in Gefängnisse, Zuchthäuser und KZ geworfen oder umgebracht. Ermordet worden, oder an den Folgen von Folter oder Haft umgekommen sind schätzungsweise 30.000 Genoss_Innen. Es wird hier nur nebenbei bemerkt, das die KPD die einzige Partei war, die damals nicht verboten wurde, sie wurde systematisch zerschlagen.
Ich brauche hier nicht weiter in die Geschichte des deutschen Faschismus und den Sieg über selbigen eingehen, das wäre ein eigenes Referat wert.

Wir sehen den Faschismus nicht als eigenständige losgelöste Ideologie, als eigenes unabhängiges System, wie es die bürgerlichen Politik- und Geschichtswissenschaftler tun. Oder als ein „Unfall der Geschichte“. Für uns ist der Faschismus, wie Dimitroff auf dem VII. Kongress der Internationale 1935 richtig betonte: „die offene, terroristische Diktatur der reaktionärsten, chauvinistischsten, am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals.“ Weiter definiert Dimitroff den Faschismus: „Der Faschismus – das ist nicht eine über den Klassen stehende Macht, auch nicht die Macht des Kleinbürgertums oder des Lumpenproletariats über das Finanzkapital. Der Faschismus – das ist die Macht des Finanzkapitals selbst”.

Doch was bedeutet das und warum kam der Faschismus an die Macht?
Der Faschismus kam 1933 nicht (nur) an die Macht, weil die Arbeiterklasse und ihre Organisationen, die KPD und die Gewerkschaften, zu schwach waren.
Stalin formulierte auf dem 18. Parteitag der KPdSU 1939: den Sieg des Faschismus „darf man nicht nur als Zeichen der Schwäche der Arbeiterklasse und als Ergebnis des Verrats der Sozialdemokratie an der Arbeiterklasse betrachten, die dem Faschismus den Weg ebnete. Man muß ihn auch als Zeichen der Schwäche der Bourgeoisie betrachten, als ein Zeichen dafür, daß die Bourgeoisie nicht mehr imstande ist, mit den alten Methoden des Parlamentarismus und der bürgerlichen Demokratie zu herrschen, weshalb sie in der Innenpolitik gezwungen ist, zu terroristischen Regierungsmethoden zu greifen; als ein Zeichen dafür, daß sie nicht mehr imstande ist, einen Ausweg aus der jetzigen Lage auf dem Boden einer friedlichen Außenpolitik zu finden, weshalb sie gezwungen ist, zur Politik des Krieges zu greifen.

Innenpolitisch machte es sich durch die Errichtung einer bourgeoisen Terrordiktatur bemerkbar. Alles fortschrittliche und klassenbewusste wurde zerschlagen. Den Marxismus versuchten die Faschisten komplett auszurotten. Politische Gegner, Juden, und andere Menschen, die nicht in das „Weltbild“ der Nazis passten wurden als Zwangsarbeiter in ein hoch komplex entwickeltes Lagersystem eingesetzt, wurden misshandelt, gefoltert, ermordet, waren der Willkür der Lagerleitung, der Aufseher und der Kapos ausgesetzt. Das alles für den Profit von deutschen Konzernen wie Siemens, IG Farben oder Krupp.

Eine große innenpolitische Rolle in der Propaganda der Faschisten spielt die Sozialdemagogie
Dazu heißt es in der Grundlagenschule der SDAJ: “Die Faschisten wurden vom Großkapital zu den elitärsten Vollstreckern seiner Klasseninteressen erkoren, es bleibt eine wichtige Erfahrung, dass der Faschismus gerade in Deutschland um eine Massenbasis bemüht war. Dimitroff sprach 1935 deshalb von der Aufgabe: „Man muss diesen wirklichen Charakter des Faschismus besonders stark unterstreichen, weil der Deckmantel der sozialen Demagogie dem Faschismus die Möglichkeit gegeben hat, in einer Reihe von Ländern, die durch die Krise aus ihrem Geleise geworfenen Massen des Kleinbürgertums und sogar manche Teile der rückständigsten Schichten des Proletariats mitzureißen, die niemals dem Faschismus gefolgt wären, wenn sie seinen wirklichen Klassencharakter, seine wahre Natur begriffen hätten.“ Das trifft im Wesen heute noch zu. Aus sozialer Demagogie, die an Erfahrungen der Hitlerfaschisten anknüpft, erklärt sich der Einbruch neonazistischer Denkmuster bis in die arbeitende und arbeitslose Bevölkerung. Im Kern geht es darum, eine richtige Orientierung des Widerstandes gegen die sozial reaktionäre Politik von Kapital und Kabinett zu verhindern, vom Klassenkampf abzulenken, indem die sozialen Probleme im nationalistisch-rassistischen Sinne verfälscht werden. Waren bei den Hitlerfaschisten „die Juden” die Sündenböcke, sind es heute in verschiedenen Varianten „die Ausländer.“ Wie raffiniert immer die Neonazis – wie schon ihre braunen Vorläufer – in „Antikapitalismus” machen – am nationalistisch-rassistischen Touch entlarvt sich ihre Demagogie. Doch nicht unwirksam helfen sie so dem Kapital, seine Unfähigkeit zur Lösung sozialer Probleme zu verschleiern. Die Hitlerleute verklärten kapitalistische Ausbeutung, indem sie dem „raffenden”-jüdischen, das „schaffende”-deutsche Kapital gegenüberstellten. Die Neonazis von heute haben bereits wieder den „anständigen deutschen Unternehmer” entdeckt und in einer Situation schärfster Angriffe des Kapitals, die zum Widerstand herausfordern, predigen sie „Volksgemeinschaft statt Klassenkampf ”. Stets war und ist Sozialabbau der günstigste Nährboden für die soziale Demagogie von Faschisten.

Und bei Dimitroff heißt es zur Sozialdemagogie: „Welches ist die Quelle des Faschismus auf die Massen? Es gelingt dem Faschismus, die Massen zu gewinnen, weil er in demagogischer Weise an ihre brennendsten Nöte und Bedürfnisse appelliert. Der Faschismus entfacht nicht nur die in den Massen tief verwurzelten Vorurteile, sondern er spekuliert auch mit den besten Empfindungen der Massen, ihrem Gerechtigkeitsgefühl und mitunter sogar ihren revolutionären Traditionen.

Außenpolitisch bedeutet Faschismus immer Chauvinismus und Expansion. Im kleinen politischen Wörterbuch wird Chauvinismus wie folgt erklärt: „reaktionäre, bürgerliche Ideologie und Politik, extremer, expansionistischer Nationalismus, der mit Völkerhass und Kriegshetze verbunden und auf die offene direkte und brutale Diskriminierung, Unterjochung und Ausplünderung anderer Nationen und Völker gerichtet ist. Der Chauvinismus vertritt der Form nach die angebliche Höherwertigkeit, die Hegemonie (Vormachtstellung) einer Nation gegenüber anderen Rassen oder Nationen.
Wo diese Ideologie zwangsläufig und unmittelbar hinführt, sogar hinführen muß ist klar: imperialistische Kriege, im schlimmsten Fall sogar in einem Weltkrieg.

Für uns ist der Antifaschismus untrennbar mit dem Antikapitalismus und dem Antiimperialismus verbunden. Faschismus kann unter gewissen Umständen aus dem Kapitalismus entstehen, muß aber nicht zwangsläufig, wie es die Auffassung der Maoisten ist. Er kann entstehen, nämlich dann, wenn der Kapitalismus gefährdet ist, z.B. durch eine sozialistische Revolution, wenn der Kapitalismus nicht mehr in der Lage ist, sich durch die parlamentarische demokratische Grundordnung zu halten. Oder auch, wenn kapitalistische Interessen geschützt werden müßen, die durch einen Bürgerkrieg gefährdet sind, oder bei der Erschließung und Absicherung neuer Märkte (bei denen sich das Kapital auch gezielt der Hilfe faschistischer Kräfte bedient und aktiv ihre Unterstützung sucht, z.B. Ukraine, IS).

Aber immer bleiben im Faschismus die Eigentumsverhältnisse an den Produktionsmitteln unangetastet. Das Bedeutet, für den Kapitalisten geht vom Faschismus keine Gefahr für sein Profit aus, im Gegenteil.
Faschismus bedeutet vor allem für die Arbeiterklasse: kompletter Abbau von erkämpften Rechten, Zerschlagung ihrer Organisationen und systematische Unterdrückung ihrer objektiven Interessen. Das heißt die größte, aggressivste und offensivste Unterdrückungsform, die im Kapitalismus möglich ist.

Pegida, MVgida und ihre Gemeinsamkeiten mit dem deutschen Faschismus
Wer glaubt, das Faschismus ein Problem „von gestern“ sei, der irrt und das nicht erst seit dem Auffliegen des NSU. Seit der Konterrevolution haben Nazis über 190 Menschen in der BRD umgebracht, die Dunkelziffer liegt viel höher. Alleine seit dem Beginn der PEGIDA Demonstrationen ist die Anzahl von Übergriffen auf Bürger_Innen mit Migrationshintergrund um mehr als 50 % gestiegen. Ein guter Grund, sich mal mit diesen „Wutbürgern“ zu beschäftigen.
Die Pegida-Bewegung ist das erste mal im Oktober letzten Jahres in Dresden aufgetreten, als „besorgtet Bürger“ die auf die Straße gehen, gegen die Islamisierung des Abendlandes und für europäische Werte. Über drei Dinge sollten wir uns im Klaren sein: a) Man darf die Pegida-Bewegung nicht verharmlosen als „unpolitische Wutbürger aus der Mitte der Gesellschaft“ b) man sollte sie auch nicht pauschal als Faschisten bezeichnen c) in Mecklenburg-Vorpommern ist wieder einmal alles ganz anders.

Während bei dem Großteil der Pegida-Ableger in Deutschland auch Verwirrte, unzufriedene Wutbürger oder einfach Menschen die sich von der Politik verlassen fühlen, mitdemonstriert, und die einzelnen Gidas meistens AfD dominiert sind, marschieren bei MVgida, Rogida, Megida und Pomgida die Hardliner der NPD zusammen mit den Freien Kameradschaften – sprich Faschisten.

Allein bei dem Namen Pegida wird schon ein Teil der Sozialdemagogie von Nazis deutlich: was damals die Juden waren, sind heute die Islamisten. Der antisemitische Grundtenor der Nazis, bleibt davon selbstverständlich unberührt. PEGIDA ist aber nicht über Nacht entstanden und ist auch kein reines „Ost-Problem“. Hinter Pegida standen und stehen Vertreter des reaktionären Kapitals in Form von AfD und NPD und anderen rechten Gruppierungen, die im Hintergrund die Strippen ziehen. Sie schaffen es geschickt die Ängste der Bürger zu wecken oder künstlich herbei zu beschwören und rassistische Vorurteile in breite Teile der Bevölkerung zu verankern. Eine große Gefahr besteht darin, das Rassismus, Antisemitismus, Antiislamismus und Nationalismus durch die Bewegungen salonfähiger werden und als komplett normal angesehen werden. Besonders im Osten kommt der Spruch „Wir sind das Volk“ besonders gut bei den Bürgern an. Damals wurde damit die Konterrevolution eingeleitet und 25 Jahre haben Guido Knopp und andere Geschichtsrevisionisten und bürgerliche Politiker ihnen dazu gratuliert.

Ähnlich wie bei den Faschisten in den 30er Jahren, wird versucht eine Massenbasis aufzubauen. Doch ist das deutsche Kapital heute nicht in einer annähernd ähnlich schwierigen Lage wie 1933, es benötigt keine faschistische Diktatur um seine Macht zu sichern. Dennoch nützen diese Rassisten dem deutschen Kapital. Mit ihrer Demagogie, die sich nicht von der der damaligen Faschisten unterscheidet, trennen sie die Arbeiterklasse in „deutsch“ und „nicht deutsch“. Sie spalten Kämpfe im Betrieb, säen Zwietracht und Hass unter den Arbeitern und lenken von den wahren Verursachern von Arbeitslosigkeit, Elend und Armut ab. Das eine mal klauen die Ausländer unsere Jobs, das andere mal schleichen sie sich in unsere Sozialsysteme ein. Das Ergebnis ist das selbe, die Teile des Proletariats, die auf solche oder ähnliche Parolen herein fallen sehen den wahren Grund für ihre Situation, das deutsche Kapital, nicht mehr als diesen an. Für sie hat „der Ausländer“ schuld.

Antifaschismus muss gleichbedeutend mit dem Kampf gegen Sozialkahlschlag und Demokratieabbau sein.

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