Die Feinde des Friedens beim Namen nennen

Am Samstag, 16. April, 10 Uhr, versammelten sich am Markt Reutershagen mehr als 100 Menschen zu einer Osterkundgebung des Rostocker Friedensbündnisses. Die Kundgebung richtete sich gegen deutsche Waffenlieferungen und die einseitig antirussische Parteinahme in Politik und Medien. Im Aufruf des Friedensbündnisses wurde zudem gefordert, „Waffen und Truppen aus Mecklenburg-Vorpommern aus den Grenzgebieten zu Russland und der Ukraine ab[zu]ziehen“, Kriegsflüchtlinge ungeachtet ihrer Herkunft wertschätzend aufzunehmen und „Kontakte zu Russland in den Bereichen Kunst und Wissenschaft aufrecht[zu]erhalten“. Die Sprecherin des Friedensbündnisses und Moderatorin der Veranstaltung, Cornelia Mannewitz, strich hierbei das Potential der Verrohung heraus, das der Krieg für die Gesellschaften Russlands und der Ukraine, aber auch hierzulande mit sich bringe, und thematisierte in diesem Zusammenhang auch die Boykottaufrufe und Nötigungen, denen russische Künstler in Deutschland ausgesetzt werden. Sie plädierte dafür, auf allen Seiten nationalistischen Feindbildkonstruktionen durch Aufrechterhaltung der Beziehungen im kulturellen Bereich und der internationalen wissenschaftlichen Kooperation entgegenzutreten.

An ihrer Überzeugung, dass die russische Regierung den aktuellen Krieg in der Ukraine verantwortete, ließ sie keinen Zweifel, allerdings wies sie auch auf die NATO-Osterweiterung, den NATO-Krieg gegen Jugoslawien und die deutsche Kriegsbeteiligung in Afghanistan als Vorgeschichte der aktuellen Kriegshandlungen hin. In den darauf folgenden Redebeiträgen der Vertreter der MLPD und der SAV ging diese Perspektive etwas verloren, es wurde v. a. darauf abgestellt, dass das „imperialistische“ Russland (in Konkurrenz zum Westen) den Krieg vom Zaun gebrochen habe. An einer Stelle bescheinigte der MLPDler – im Einklang mit den Attacken der Leitmedien und von Politikern der Ampelkoalition gegen die Ostermärsche – der Friedensbewegung sogar, sie gerate in Gefahr, sich zu einem Interessenvertreter eines Staates wie Russland zu machen. Worauf Cornelia Mannewitz antwortete, die Friedensbewegung vertrete nicht die Interessen von Staaten, sondern von Menschen.

Für die DKP Rostock legte Daniel Schikora daraufhin recht pointiert dar, dass in der Sicht der DKP keine Äquidistanz zwischen den imperialistischen NATO-Mächten einerseits und Russland andererseits infrage komme. Die DKP lehne den Krieg als Mittel der internationalen Politik ab, allerdings müsse das russische Handeln im Kontext einer Politik der systematischen Zerstörung des internationalen Rechts betrachtet werden, und für diese trage die NATO die Verantwortung. Es seien NATO-Staaten, und dabei insbesondere Deutschland, gewesen, die seit den 1990er Jahren in Europa aggressiv bestehende nationalstaatliche Grenzen infrage gestellt, und die 1999 einen ordinären Angriffskrieg gegen Jugoslawien geführt hätten. Es sei ein Hohn, wenn Russland nun bezichtigt werde, mit solchen Praktiken begonnen zu haben. Und wo es um internationale Solidarität mit dem ukrainischen Volk gehe, hätten die beiden Vorredner einfach einmal übersehen, dass seit 2014 Donezk und Lugansk mit Rückendeckung der NATO militärisch angegriffen wurden, als sie sich weigerten, sich der Hoheit einer Regierung in Kiew zu unterwerfen, die infolge eines Staatsstreichs unter Beteiligung faschistischer Kräfte gebildet worden war. „Die Ukrainer sind tatsächlich in furchtbarer Weise von den russischen Luftangriffen betroffen, gleichzeitig aber weiterhin durch das Handeln der gegenwärtigen Machthaber in Kiew bedroht, die jede ernst zu nehmende Opposition für illegal erklärt haben. Völlig auszublenden, dass die fortschrittlicheren Teile der ukrainischen Bevölkerung, die ukrainischen Antifaschisten seit acht Jahren einer existentiellen Bedrohung ausgesetzt worden sind, hat nun wirklich nichts mit einer internationalistischen Haltung zu tun.“ Der ukrainische Botschafter in Berlin Melnyk sei kein Krypto- oder Semifaschist, sondern ein lupenreiner Neonazi, der die Juden- und Polenmörder der OUN-UPA verherrliche. Aufgrund seines aggressiven Gebarens selbst gegenüber staatlichen Institutionen der BRD müsste er längst ausgewiesen sein – wenn die Bundesregierung nicht im Kern mit dem Kurs der Regierung in Kiew übereinstimmte, die bereit sei, einen Nuklearkrieg in Europa zu riskieren.

Unabhängig davon, ob man Putin möge oder nicht, habe Russland das Recht, seine nationale Souveränität zu verteidigen, und selbstverständlich sei es eine Verkehrung der elementaren Normen des Völkerrechtes, der Ukraine oder irgendeinem anderen Staat ein „Recht“ darauf einzuräumen, einem verbrecherischen Kriegsbündnis wie der NATO beizutreten. Diese Ausführungen stießen auf lebhafte Zustimmung eines großen Teils der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Kundgebung, von denen sich einige zuvor irritiert gezeigt hatten über die Brandmarkung Russlands als eines imperialistischen, prinzipiell friedensunfähigen Staates.

Um 11 Uhr führten die DKP und die Stadtteilverbände Reutershagen und Rostock-Nordost der Partei Die Linke in kleinerem Rahmen ihre Gedenkveranstaltung zu Ehren Ernst Thälmanns vor dem Reutershagener Thälmann-Denkmal durch. Dabei verlas Renate Greupner ein Grußwort des Rockpoeten Tino Eisbrenner. In den Redebeiträgen äußerten Lajos Orban (PDL Reutershagen), Gerdt Puchta (PDL Rostock-Nordost) und Daniel Schikora (DKP Rostock) sich einvernehmlich dahingehend, dass die öffentliche Erinnerung an den Kommunisten, Gewerkschafter und Friedenskämpfer Thälmann verteidigt werden müsse im Bewusstsein der Notwendigkeit des Kampfes für den Frieden, mithin gegen imperialistische Kriegsvorbereitung. Daniel Schikora strich dabei heraus, dass der deutsche Imperialismus in immer aggressiverer Weise seine Affinität zu Krieg und Faschismus herausstreiche, wies aber auch darauf hin, dass der US- wie der deutsche Imperialismus sich weltweit tendenziell isolierten: „Die beiden bevölkerungsreichsten Länder des Planeten, Indien und das sozialistische China, bieten dem Imperialismus offen Paroli, indem sie sich der von diesem eingeforderten Beteiligung an Sanktionen gegen Russland verweigern und keine einzige proimperialistische Resolution in der UNO gegen Russland unterstützt haben. Ein empfindlicher Schlag wurde den Befürwortern der antirussischen Sanktionen und Kriegsvorbereitung gerade erst vor zwei Wochen durch die Wahlen in Serbien und Ungarn zugefügt.“ Wenn italienische und griechische Arbeiter die Auslieferung von Waffen an die profaschistische ukrainische Regierung blockierten, so seien dies Beispiele einer internationalistischen Praxis, die ihren Namen verdiene.

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