Prekäre Kindheit

Unser Land ist nicht nur das Bundesland mit der höchsten Kinderarmut unter den Flächenländern, sondern auch arm an Kindern. Gab es 1991 noch 493.300 Kinder unter 18 Jahren in Mecklenburg-Vorpommern, so waren es 2014 gerade noch 228.300. Je Familie sind das 1,48 Kinder. Das ist selbst im kinderarmen Deutschland wenig. Die Vergleichszahl in der BRD ist 1,61 und in den neuen Ländern 1,52 Kinder pro Familie.

Dieser Mangel an Kindern hat konkrete Ursachen
Nicht der mangelnde Kinderwunsch oder ein gelegentlich beschworener Wertewandel sind der Grund. Auch die Betreuungsangebote für Kinder sind zwar unzureichend, aber nicht schlechter als in anderen Bundesländern. Es sind eindeutig ökonomische Bedingungen die dazu führen, dass sich viele Familien gegen Kinder entscheiden. Kinder sind gerade in unserem Land ein hohes Armutsrisiko und für Alleinerziehende fast schon eine Armutsgarantie.

Warum ist unser Bundesland Schlusslicht?
Kein anderes Bundesland ist so geprägt von unkonstanten Arbeitsverhältnissen, vom Ausbau des Niedriglohnsektors und von Jobs im Dienstleistungsbereich mit ungünstigen Arbeitszeiten. Wer keinen sicheren Arbeitsplatz hat und/oder sich vom Einkommen kaum selbst unterhalten kann, entscheidet sich häufig gegen Kinder oder verschiebt die Realisierung des Kinderwunsches in die Zukunft. Niedrige Einkommen, Leiharbeit und befristete Beschäftigungsverhältnisse prägen die Situation junger Familien. Diese Verhältnisse sind bewusst herbeigeführt worden. Man kann nicht allein die Symptome bekämpfen und die Ursachen ignorieren, wenn man Familien bei der Realisierung ihres Kinderwunsches unterstützen will.

Betrachten wir jetzt die Situation der Kinder im Lande. 2013 wuchsen 24% der Kinder in Familien auf, die Hartz-IV-Leistungen beantragt haben. Diese Familien waren nicht in der Lange mit eigenem Einkommen ihren Lebensunterhalt zu sichern. Das ist jedoch nicht das ganze Ausmaß der Kinderarmut in unserem Land. Weitere Leistungen wie z. B. Grundsicherung und Kinderzuschlag müssen in die Betrachtung einbezogen werden. Nicht unbeträchtlich ist auch die Zahl der Familien, die zustehende Leistungen nicht beantragen. Mangelnde Informationen über zustehende Leistungen und aufwändige Verfahren sind nicht die einzigen Gründe, warum Leistungen nicht beantragt werden. Insbesondere bei Hartz-IV-Leistungen schrecken die Bedingungen denen man sich unterwerfen muss, um Leistungen zu erhalten, ab. Familien die diese Leistungen beantragen müssen für ihre erwerbsfähigen Familienmitglieder, sogenannte Eingliederungsvereinbarungen abschließen, die tief in die eigene Autonomie und Lebensplanung eingreifen.

Armut vererbt sich
Realistischer ist, wenn wir Kinderarmut in unserem Land bei 35 bis 40% ansetzen. Diese Zahl beschreiben nur das Ausmaß der Einkommensarmut in Familien unseres Landes. Hinter diesen Zahlen verbergen sich nicht nur schwierige Situationen im Alltag, die gekennzeichnet sind durch ständige Geldknappheit. Kinderarmut führt auch zu schlechten Startbedingungen für alle Kinder, die in die Armutsfalle geraten sind. Wer in armen Familien aufwächst hat deutlich schlechtere Zukunftsaussichten. Kinder die in diesen Verhältnissen aufwachsen, landen oft wieder im Niedriglohnsektor des Arbeitsmarkts.

Wer also Kinderarmut bekämpfen will muss in erster Linie Leiharbeit, befristete Arbeitsverhältnisse und den Niedriglohnsektor bekämpfen. Alle sogenannten Reformen am Arbeitsmarkt haben das Problem der Kinderarmut verstärkt. Natürlich ist das allein nicht ausreichend. Schulsystem, Betreuungsangebote, Verbesserungen der Wohnsituation, gesunde Ernährung, Freizeitangebote und Ausbildungsgarantien sind weitere wichtige Faktoren. Dazu ein anderes Mal.

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