Ja zum 8. Mai als gesetzlichem Feiertag

Die Fraktion der Partei Die Linke im Landtag Mecklenburg-Vorpommern will kommende Woche einen Gesetzesvorschlag unterbreiten mit dem Ziel, den 8. Mai 2020 für einen – arbeitsfreien – gesetzlichen Feiertag im Bundesland erklären zu lassen. Seit 2002 wird des 8. Mai in MV offiziell gedacht als des „Tags der Befreiung vom Nationalsozialismus und der Beendigung des Zweiten Weltkriegs“. Käme der Vorschlag der PDL-Fraktion durch, so würde der Befreiung 2020, anlässlich des 75. Jahrestages der Kapitulation der Hitlerwehrmacht, erstmals – allerdings einmalig – im Rahmen eines arbeitsfreien Feiertages gedacht.

Dieser aus antifaschistischer (wie aus Arbeitnehmer-)Sicht sympathische Vorstoß stieß auf geharnischten Protest seitens der Fraktion der Regierungspartei CDU. Deren rechtspolitischer Sprecher, Sebastian Ehlers, meinte: „Alle paar Wochen kommt die Fraktion Die Linke mit einer neuen Feiertagsidee um die Ecke – Kindertag, Frauentag, und jetzt ein Feiertag anlässlich des Kriegsendes 1945“. „‚Die Diskussion wird erkennbar beliebig.‘ Das Ende der nationalsozialistischen Diktatur sei aber ein ernstes Thema.“ (Hamburger Abendblatt, 2.4.2019) Altväterlich hingegen gab sich die SPD-Fraktion. Deren wirtschaftspolitischer Sprecher Jochen Schulte gab an, es gebe angesichts der Bedeutung des Jahrestags Verständnis für den PDL-Vorschlag. „75 Jahre nach der Befreiung vom Nationalsozialismus und dem Ende des Zweiten Weltkrieges hätten wir uns ein besonderes Gedenken vorstellen können.“

In dieser Sicht erscheint es als immerhin erfreulich, dass der Antrag des einstigen Koalitionspartners PDL darauf verzichtete, zu verlangen, dass auch im Jahr 2021 (oder gar darüber hinaus) arbeitsfrei sein solle. Die PDL räumte – berichtet das Hamburger Abendblatt – ihrerseits ein, dass im Falle eines zusätzlichen arbeitsfreien Tages im Mai 2020 „für die Wirtschaft möglicherweise Nachteile“ entstünden, die jedoch „wegen der Bedeutung des Tages und der zeitlichen Begrenzung vertretbar“ seien.

Als Antifaschisten begrüßen wir den parlamentarischen Vorstoß, den 75. Jahrestag der Befreiung vom deutschen Faschismus für einen gesetzlichen Feiertag zu erklären. Wir halten an unserer Forderung fest, den 8. Mai zu einem regulären gesetzlichen Feiertag zu machen. Der erinnerungspolitische Versuch der CDU und anderer, diesen Tag soweit wie möglich aus dem kollektiven Gedächtnis der Deutschen im Allgemeinen und der Bürger Mecklenburg-Vorpommerns im Besonderen zu streichen, halten wir für ein ernstes Thema. Denn es ist uns bewusst, mit welcher Verve zumindest Teile der CDU und insbesondere der JU bereits in den vergangenen Jahren daran gearbeitet haben, antifaschistische Erinnerungsorte auszulöschen, so etwa in der Schmutzkampagne gegen den Namenspatron der Ilja-Ehrenburg-Straße in Rostock, wo JU und CDU den offenen Schulterschluss auch mit Neonazis übten (siehe auch Ilja Ehrenburg bleibt).

Allerdings hat die CDU-Fraktion uns gerade im aktuellen Fall einen Gefallen getan, den wir nicht verschweigen möchten: Indem sie selbst eine einmalige Erhebung des 8. Mai in den Status eines gesetzlichen Feiertages – einen einzigen arbeitsfreien Tag, der dem Vermächtnis des Sieges der zivilisierten Welt über Nazi-Deutschland gewidmet ist – als Schädigung „der Wirtschaft“ zu denunzieren sucht, legt sie – mutmaßlich unfreiwillig – offen, dass Antifaschismus nie eine klassenneutrale Angelegenheit war: nicht 1933, als Kommunisten, Sozialdemokraten und Gewerkschafter eingekerkert wurden, nicht zwischen 1941 und 1945, als 27 Millionen Bürger der sozialistischen Sowjetunion ihr Leben im Kampf gegen den Hitlerfaschismus verloren – und auch heute nicht, wenn wieder einmal „deutsche“ wie „europäische“ Interessen bemüht werden, wo es tatsächlich ausschließlich um die Interessen der Monopole geht, die unseren Interessen letztlich unversöhnlich gegenüberstehen.

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